NÖ. Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll zu Gast im Club der „Altkalksburger Vereinigung“:
Traut ÖVP Nr. 1 bei Nationalratswahl zu, keine Kandidatur bei der Bundespräsidentwahl 2016, für Mehrheitswahlrecht und Kritik an SP-Ministerin Schmied und Ernst Strasser
Politisches Sommer Highlight im AKV-Club: Am 13. Juni 2013 lud Präsident Hans Hammerschmied den NÖ. Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll zum „Mittagstisch“ auf den Ballhausplatz. Nein, nicht in die Präsidentschaftskanzlei – in die will Erwin Pröll (noch) nicht -, sondern in unsere Clubräumlichkeiten. Der Andrang war groß, als Alt-Kalksburger Thomas Prantner (MJ 83), beruflich als stv. Direktor im ORF tätig, den mächtigen ÖVP-Politplayer vor rund 100 Gästen mehr als eine Stunde zum Thema „Braucht Österreich noch Bundesländer – Diskussion über einen modernen Föderalismus“ und zu aktuellen politischen Themen im Wahljahr 2013 befragte.
Gut gelaunt und rhetorisch versiert hob Erwin Pröll im Sinne eines „gelebten Föderalismus im Alltag“ u.a. die hervorragende Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern, Gemeinden und den vielen Hilfs- und Zivilschutzorganisationen bei der Bewältigung der Hochwasserkatastrophe hervor, die wenige Tage zuvor über Österreich hereinbrach. Besonders Niederösterreich war davon betroffen und daher lobte der NÖ. Landeschef vor allem die rasche und unbürokratische Hilfe aller Behörden, um den Menschen in dieser Notsituation zur Seite zu stehen und auch nachhaltige Schutzmaßnahmen einzuleiten. Insgesamt sieht Erwin Pröll Reformbedarf bei der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern, vor allem was die Zuständigkeiten im Bereich der Bildungspolitik betrifft. Harte Kritik übte der NÖ. Landeshauptmann an der „schwachen Kulturpolitik“ des Bundes unter SPÖ-Ministerin Claudia Schmied und erwähnte gleichzeitig die innovative Vorreiterrolle seines Bundeslandes bei der Kulturförderung, insbesondere der modernen Kunst.
Pröll räumte ein, dass er in Niederösterreich dank der absoluten Mehrheit einen klaren Auftrag der Bevölkerung habe und klare Mehrheiten förderlich für rasche Entscheidungen seien. Er sprach sich in diesem Zusammenhang gegen „Dreierkoalitionsexperimente wie in Salzburg“ aus, wo die ÖVP zwar den Landeshauptmann zurückerobern konnte, aber die Macht mit Grünen und dem Team Stronach teilen muss. „Wir sollten ernsthaft über die Einführung eines Mehrheitswahlrechts nachdenken“, meinte Pröll, dann würden auch im Bund raschere, klarere politische Entscheidungen möglich sein und kleinliche Streitereien zwischen den Regierungspartnern der Vergangenheit angehören.
Für die kommende Nationalratswahl traut der mächtige NÖ. Landeshauptmann der ÖVP unter Vizekanzler Michael Spindelegger Platz 1 zu. „Er kann das schaffen und ich würde mir danach eine große Koalition mit der SPÖ unter ÖVP-Führung wünschen. Das wäre das Beste für Reformen in unserem Land!“. Generell meinte Pröll, dass Österreich „insgesamt gut dastehe“ und nannte als Beispiele das Gesundheitssystem und die Kinderbetreuung. Dennoch gäbe es, was den internationalen Stellenwert Österreichs angeht, massiven Nachholbedarf. „Unter Bundeskanzler Kreisky, da waren wir noch wer. Das muss wieder besser werden“. Auf die Frage, welche Politiker der SPÖ er außer Kreisky noch schätze, nannte Pröll den früheren Bundeskanzler Franz Vranitzky und den Wiener Bürgermeister Michael Häupl.
Zu seiner persönlichen Zukunft meinte Erwin Pröll auf die Frage von Thomas Prantner, ob er sich vorstellen kann, bei der Bundespräsidentenwahl 2016 als ÖVP-Kandidat anzutreten oder ob ihn nicht der Job des Bundeskanzlers reizen würde: „Mein Platz ist in Niederösterreich und ich habe keine Ambitionen, in die Bundespolitik zu gehen.“
Emotional wurde Pröll, als er auf sein Verhältnis zu Ernst Strasser – seinem ehemaligen Landesparteisekretär und Innenminister – angesprochen wurde. „Von hunderten Personalentscheidungen, die ich getroffen habe, waren Zwei falsch. Eine davon betrifft Ernst Strasser. Ich bin sehr enttäuscht von ihm und seinem persönlichen Fehlverhalten“. Wenn Strasser allerdings in materiellen Existenznöten wäre, würde er ihm helfen, sofern er darum gebeten werden würde, so Pröll.