Lade Veranstaltungen

« Alle Veranstaltungen

  • Diese Veranstaltung hat bereits stattgefunden.

2. Europäisches Treffen in Paris: Medizin und Ethik

26. April 2013

Vom 26.-28.April 2013 fand in Paris zum zweiten Mal ein von der European Confederation of Jesuit Alumni/ae organisiertes Ongoing Formation Event

über PATIENT-CENTERED MEDICINE statt. Das traditionsreiche Haus Centre Leaennec ( 1875 von Medizinstudenten und Jesuiten geründet) bot dafür einen inspirierenden Rahmen.

Im Zentrum der Tagung stande Beiträge von Daniel Carnevali Ruiz, Madrid: Evolutions in the European, and especially Spanish health system, Karl Hunstorfer, Wien: Healthcare in multicultural and multireligious environment, John Zammit Montebello, Balzan, Malta: Criminality and substance abuse , sowie, von Marc Desmet SJ, Hasselt, Belgien : Management culture in hospitals – is there still place left for the patient ?

DC Ruiz ging in seinen Reflexionen darauf ein, wie Christen in einer Zeit zunehmender S

äkularisierung und merkbarer Werteverluste ihren Glauben nicht nur bekennen, sondern auch weitergeben können, dies mit besonderem Augenmerk darauf, welche Aufgaben einem gläubigen Arzt dabei zukommen, der sich heutzutage vorwiegend in einer de-personalisierten, von Technik bestimmten Medizin zu bewähren hat. Seinen Ausführungen legte Ruiz zwei Gemälde zu Grunde, Ciencia y caridad – Wissenschaft und Barmherzigkeit (Picasso, 1897) und Open-Heart Surgery (LeRoy Neiman, 1982). Der technische Fortschritt stellt laufend neue ethische Herausforderungen dar, in deren Mittelpunkt die Würde des Menschen zu stehen hat. Nichtsdestotrotz hat sich in der öffentlichen Wahrnehmung mit ihrem Anspruch auf ein Recht auf Gesundheit und Heilung die Anforderung an die Medizin vorwiegend auf mechanistische Machbarkeits-Erwartungen konzentriert, was vom medizinischen System selbst auch in einem gewissen Maß unterstützt wird. Die Gefahr liegt darin, dass der spirituelle Aspekt weitgehend in den Hintergrund tritt. Der Ausweg für einen christlichen Arzt liege darin, dem Patienten mit seinem spirituellen Bedarf offen zu begegnen, und den Menschen ganzheitlich, auch mit seinen sozialen und ökonomischen Bedürfnissen, zu sehen („arm macht krank“).

K Hunstorfer referierte über das aktuelle Thema der medizinischen Behandlung und Betreuung von Patienten mit unterschiedlicher ethnischer Herkunft und religiöser Zugehörigkeit. Seine diesbezüglichen Erfahrungen macht er durch seine ärztliche und priesterliche Tätigkeit im Spital der Barmherzigen Brüder in Wien, wo aufgrund der sogenannten „Armenambulanz“ täglich Patienten unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlichen Glaubens Hilfe suchen. Einer Reihe von Problemen muss dabei begegnet werden, wie etwa: Sprachschwierigkeiten, dem Umgang mit körperlichem Kontakt bei Untersuchungen, der für einige Patienten aufgrund der Religion problematisch ist, der Einhaltung von Speisevorschriften und Gebetszeiten, dem Wunsch nach besonderen Behandlungsformen (Schamanismus) oder den durch Immigration hervorgerufenen sozialen und kommunikativen Schwierigkeiten, dem Problem der Hungerstreiks oder Selbstverletzungen bei Asylwerbern und vieles mehr. Dem Allem in menschlicher Weise zu begegnen erfordert eine hohe kulturelle Sensibilität und Kompetenz sowohl seitens der Ärzte als auch seitens des medizinischen Personals. Zusätzlich bedarf es einer Offenheit für spirituelle und religiöse Fragen, da gerade in der Auseinandersetzung mit Kulturen die vorherrschende naturwissenschaftliche Konzentration der westlichen Medizin und die entsprechende Ausblendung religiöser und weltanschaulicher Hintergrundvorstellungen deutlich spürbar wird. Der Respekt vor religiösen Haltungen und Überzeugungen, wenn auch irrational oder befremdlich erscheinend, ist nicht bloß deshalb angebracht, weil diese objektiv richtig oder vernünftig sein mögen, sondern auch, weil es um die innersten und tiefsten Identifikationen eines Menschen geht. Man könne einen Menschen in seiner Würde nicht gänzlich annehmen, ohne seine Glaubensüberzeugung und seinen kulturellen Hintergrund zu respektieren.

JZ Montebello ging auf die Situation jugendlicher Häftlinge ein. Am Beispiel Maltas machte er deutlich, dass es sich dabei um ein weltweites Problem, mit ähnlichen Auswirkungen handelt. Jugendliche Häftlinge sind ein wesentlicher Teil eines wachsenden Drogenproblems mit extrem hoher Selbstmordrate (18x höher als unter Jugendlichen, die in die Gesellschaft integrierten sind) und mit einer großen Wahrscheinlichkeit, dass sie durch die Haft zu erwachsenen Kriminellen werden. Um dieses Problems Herr zu werden, fehle es an entsprechenden sozialen und psychologischen Programmen, ebenso wie an einer positiven Einstellung zur Drogenersatztherapie.

Den Abschluss machte M. Desmet, der sowohl Priester ist, als auch als Arzt eine Palliativtation leitet, mit einem Beitrag, der sich kritisch mit der überbordenden Spitalsbürokratie auseinandersetzte. Er erinnert dabei an die fatale Dynamik des Parkinson´s Law, durch die Patienten, die im Mittelpunkt jeder medizinischen Einrichtung stehen sollten, zu Gunsten einer proliferierenden Administration zunehmend an den Rand gedrängt werden. Dieser Gefahr zu begegnen hilft auch, das Göttliche in jedem Menschen zu sehen. Als Jesuit schöpft er seine Kraft aus der „Ignatianischen Spiritualität“, die er auch als Anleitung für die Organisation und Führung eines Spitalsbetriebs empfahl.

Im Anschluss an die jeweiligen zum Nachdenken anregenden Vortäge gab es ausreichend Gelegenheit für stimulierende Diskussionen. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen des international besetzten Auditoriums kamen aus Spanien, Holland, Belgien, Italien, Malta, Deutschland und Österreich (Nina Kornherr, Karl Hunstorfer)Bernd Kornherr, Nikolaus Zacherl und Fritz Wrba)

In einer allgemeinen Schlussbesprechung wurde übereingekommen im Jahr 2014 (voraussichtlich 25-27.April) in Paris ein weiteres Meeting abzuhalten.

Details

Datum:
26. April 2013
Veranstaltungkategorie: