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AKV-Reise nach St. Petersburg

25. September 2014, 16:00 bis 28. September 2014, 20:00

25.bis 28.September 2014 – AKV Reise nach St.Petersburg Teilnehmer: Andrea und Hans Hammerschmied, Barbara und Richard Frey, Irene und Erich Moser, Igmar Schatz, Helga und Heinzi
Pünktlich um 10Uhr trafen wir uns am Donnerstag den 25.September am Flughafen und kamen um 16Uhr Ortszeit in St.Petersburg an. Wir wurden von Nina, einer hübschen, freundlichen Reiseleiterin von dem im März 2014 eröffneten Flughafen „Pulkowa“ abgeholt und ins luxuriöse Hotel Crowne Plaza Ligovsky gebracht. Wir entschlossen uns zu einer abendlichen Bootsfahrt durch die Kanäle und zur Neva, kalt, aber ein erster Eindruck dieser Stadt mit 2300 Palästen! Zurück gehen wir im Gedränge der 4 km langen Haupteinkaufsstraße Newski Prospekt und bestaunen die strahlend beleuchteten Bauten. Nach einigem unschlüssigen Suchen landen wir in einem Selbstbedienungsrestaurant, dort esse ich die beste „Borschtsch“ und da mir kalt geworden war, wärmt mich der Wodka.
St.Petersburg mit 5 Millionen Einwohnern, nach Moskau zweitgrößte Stadt Russlands, liegt an der Mündung der Newa am Ostende des Finnischen Meerbusens und ist die nördlichste Millionenstadt der Welt. Die Stadt (Peter-und Paul Festung) wurde 1703 von Peter dem Großen auf Sumpfgelände nahe dem Meer gegründet, um den Anspruch Russlands auf Zugang zur Ostsee durchzusetzen und als „Fenster zu Europa“. Bis 1918 Hauptstadt des russischen Zarenreiches. Von 1924 bis 1991 wurde sie zu Ehren von Lenin, dem Gründer der Sowjetunion „Leningrad“ genannt. Dass Peter der Große trotz der widrigen Gegebenheiten (Überschwemmungen und für Landwirtschaft ungeeignet) diesen Ort für seine neue Hauptstadt auswählte, beruht auf der Tatsache, einen Seehafen anlegen zu können (bedeutendster Hafen Russlands) und die Nähe zu Westeuropa, denn er wollte Russland modernisieren. Ab 1706 wurden über 40.000 Leibeigene für die Bauarbeiten zwangsrekrutiert und mit großer Rücksichtslosigkeit wurde der Plan für die Stadt in wenigen Jahren umgesetzt. Zehntausende kamen ums Leben. Sie starben an Sumpffieber, Skorbut, an der Ruhr oder einfach vor Hunger. 1714 standen schon etwa 50.000 Häuser. Die Stadt besteht aus 42 Inseln und liegt nur wenige Meter über dem Meeresspiegel, daher wurde sie oft ein Opfer von Überschwemmungen. Seit 1990 wurde ein Damm mit niederländischer Hilfe und der Europäischen Investitionsbank gebaut und 2010 vollendet.
Baumaterialien an de Newamündung waren seltenes Gut, daher wurde 1710 der Erlass herausgegeben, dass jeder Einwohner 100 Steine abliefern musste. Auch jedes Frachtschiff musste Steine anliefern. Diese drakonischen Erlasse zeigten Erfolg, denn schon 1712 erklärte Peter der Große Sankt Petersburg zur Hauptstadt des Russischen Zarentums. Mit Ausnahme von 1727-1732 blieb St.Petersburg bis 1918 die Hauptstadt Russlands. Beim Adel stieß die Maßnahme auf wenig Begeisterung, nur ungern verließ man Moskau. Peter ließ Handwerker und Ingenieure aus ganz Europa, insbesondere aus den Niederlanden kommen, die die neue Hauptstadt zu einem Zentrum europäischer Technik und Wissenschaft machen sollten. Nach dem Tod Peter des Großen 1725 legt sich der Enthusiasmus der russischen Herrscher für „das Fenster nach Europa“, 1727 wurde Moskau wieder Hauptstadt. Erst Zarin Anna kehrte 1732 nach Petersburg zurück. Annas stadtplanerische Entscheidungen prägen Petersburg bis heute. Sie verlegte das Stadtzentrum auf die Admiralitätsseite der Newa und legte wichtige Hauptstraßen wie den Newski Prospekt an.
Zarin Elisabeth und vorallem Katharina die Große, öffneten das Reich wieder nach Westen und holten von dort Künstler und Architekten. Unter Elisabeth (1741-61) entstanden die meisten Prunkbauten ihres Hofarchitekten Bartolomeo Francesco Rastrelli (1700-1771): der Winterpalast, das Smolny-Kloster, der Ausbau des Katharinenpalastes. Katharina die Große, die 1762 den Thron bestieg, sah sich dem Geist der Aufklärung verpflichtet und setzte auf Bildung und Kunst. Sie gründete 25 akademische Einrichtungen, mit dem Smolny Institut die 1. staatliche russische Schule für Mädchen. 1738 entstand die erste russische Ballettschule, (Waganowa Ballettakademie, berühmteste Ballettschule der Welt) , 1757 Eröffnung der Akademie der Künste, dazu entstanden Theater, Museen, Schulen, Bibliotheken. 1783 eröffnete das Mariinski Theater.
Durch die Aufhebung der Leibeigenschaft 1861 unter Zar Alexander II (1855-1881), schnellte die Bevölkerungszahl innerhalb weniger Jahre empor. In Petersburg fanden bis 1918 alle Revolten statt. 1825 der Dekabristenaufstand, 1881 wird Zar Alexander II. ermordet, mit dem Petersburger Blutsonntag begann die Revolution 1905-1907, der Schuss des Kreuzers Aurora gab das Signal für die Oktoberrevolution 1917. Danach sank die Bevölkerung innerhalb weniger Jahre durch Bürgerkrieg und Hungersnot. Nach dem Tod Lenis wird die Stadt am 26.Januar 1924 in „Leningrad“ umbenannt. Das Machtzentrum verschiebt sich nach Moskau. Während des 2.Weltkrieges wurde Leningrad 871 Tage, vom 8.September 1941 bis 27.Januar 1944, von deutschen Truppen unter Generalfeldmarschall Wilhelm Ritter von Leeb belagert. Auf Befehl Hitlers wurde die Stadt von jeglicher Versorgung abgeschnitten, über 1 Million Zivilisten verhungerten. Nahrungsmittel konnten nur im Winter über den vereisten Ladogasee per Bahn und LKW gebracht werden. Schon im Winter 1941 starben über 500.000 Menschen, denn durch Luftangriffe wurde ein Großteil der Nahrungsmittelvorräte vernichtet, die Rationen sanken von 400 Gramm Brot auf 125, die Temperatur fiel auf minus 40 Grad Celsius. Nach dem „Großen Vaterländischen Krieg“ wurde Leningrad 1945 als „Heldenstadt“ ausgezeichnet. Der Wiederaufbau wurde zur Prestigeangelegenheit der Sowjetunion. Eine Million Arbeiter wurden herangezogen, besonders die Restaurierung der Kulturdenkmäler besaß Priorität. Neue Stadtteile wurden gebaut, 1953 wurde mehr Wohnraum geschaffen als je vor-oder nachher. Für das 300 jährige Jubiläum von Sankt Petersburg am 27.Mai 2003 wurden Teile der Altstadt und Paläste saniert, der russische Staat gab dazu 2 Milliarden Euro aus. An den Kosten der Nachbildung des Bernsteinzimmers beteiligte sich die deutsche Firma Ruhrgas mit einer Spende von 3,5 Millionen Dollar. 250 Museen, 4000 geschützte Baudenkmäler müssen erhalten oder teilweise noch restauriert werden, 80% gehören dem russischen Staat. Die starke Luftverschmutzung durch Industrie und Verkehr setzen den Fassaden zu.
Sankt Petersburg war stets eine Stadt großer soziale Gegensätze. Etwas 15% leben auch heute in sogenannten Kommunalkas, Gemeinschaftswohnungen, in denen viele Familien Zimmer, Küche und WC teilen.
Persönlichkeiten, die in Sankt Petersburg gelebt und gearbeitet haben:
Alexander Puschkin 6.6.1799-10.2.1837 (Duell mit George-Charles de Heeckeren d’Anthès)
Nikolai Wassiljewitsch Gogol 1.4.1809-4.3.1852
Fjodor Dostojewski 11.11.1821-9.2.1881 (Schuld und Sühne, Die Dämonen, Die Brüder Karamasow)
Modest Mussorski 1839-1881 (Boris Godunow im Mariinski Theater uraufgeführt)
Pjotr Iljitsch Tschaikowski 7.5.1840-6.11.1893
Wladimir Iljitsch Uljanow genannt Lenin 22.4.1870-21.1.1924
Alexander Blok 28.11.1880-7.8.1921 (Dichter)
Igor Fjodorowitsch Strawinski 17.6.1882-6.4.1971
Anna Andrejewa Achmatowa 23.6.1889-5.3.1966 (bedeutendste russische Dichterin)
Dimitri Schostakowitsch 25.9.1906-9.8.1975 (während der Belagerung komponierte er 1941 seine Leningrader Symphonie)
Joseph Brodsky 24.5.1940-28.1.1996 (Nobelpreis für Literatur 1987)
Ballett: Sergei Djagilew, Marius Petipa, Vaslav Nijinsky, Mathilda Kschessinskaja, Anna Pawlowa,
Schach: Michael Botwinnik Weltmeister 1948+1963, Boris Spasski 1969 bis 1972 (Match des Jahrhunderts 1972 gegen Bobby Fischer in Reykjavik)
Freitag 26.September 2014: Nach dem reichhaltigen Frühstück (mir schmeckten besonders gut die kleinen warmen Blinis) starteten wir um 10 Uhr bei sonnigem Wetter die Stadtrundfahrt. Nina erzählte uns über die Gebäude, an denen wir vorbeifuhren, aber das kann ich nicht wiederholen. Wir hielten beim Smolnyj Kloster, 1748 von Zarin Elisabeth als Alterssitz gegründet, doch sie erlebte die Vollendung nicht. In dem von Rastrelli in leuchtendem Blau aufgeführten Barockbau, steht im Mittelpunkt der Anlage die Auferstehungskathedrale mit den traditionellen russischen vergoldeten fünf Kuppeln. Wir können eintreten, die Kirche wird nur für Konzerte und Ausstellungen genützt. In den Gebäuden des Klosterbezirks hat Katharina die Große die erste Mädchenschule eingerichtet. Gegenüber steht der aus 1714 rot gestrichene „Kikin-Palast“, als Architekt gilt Andreas Schlüter. Wir kommen beim „Michaelsschloss“ vorbei, das Zar Paul als Hochsicherheitsschloss bauen ließ. Er beschnitt die Rechte des Adels und wurde erdrosselt, weil er sich weigerte, seine Abdankung zu unterschreiben. Er hasste seine Mutter Katharina die Große und bestimmte, dass keine Frau mehr Zarin werden durfte. Bei der „Auferstehungskirche“ auch Erlöser-oder Blutkirche genannt, machen wir kurzen Halt. Sie wurde an der Stelle errichtet, an der Zar Alexander II. am 1.März 1881 einem Attentat zum Opfer gefallen war. Der Architekt Alfred Parland baute die Kirche 1883-1907 im altrussischen Stil. Sie wurde Jahrzehnte restauriert und ist seit 1997 ein Mosaikmuseum. Aus dem Auto sehen wir das berühmte Jugendstilgebäude „Dom Knigi“ = Haus des Buches, welches einst der Nähmaschinenfabrik Singer gehörte. Ein riesiger Globus steht auf dem gläsernen Eckturm des „Singerhauses“. Gegenüber am Newski Prospekt steht die auffallende „Kasaner Kathedrale“ oder Kathedrale der Gottesmutter von Kasan. Zar Paul I. war von der Peterskirche in Rom so begeistert, dass er Auftrag gab, eine ähnliche Kirche in Petersburg zu bauen. Baumeister Andrej Worochin, ein ehemaliger Leibeigener des Grafen Stroganow, schuf 1801-1811 dieses Bauwerk im Stil des Alexandrinischen Klassizismus. Die Kuppel und die Kolonnade erinnern an den Petersdom. Davor steht ein Denkmal des Feldherrn Michail Kutusow, der als Oberbefehlshaber gegen Napoleon siegreich war. Über die Admiralität, einem Wahrzeichen der Stadt durch die vergoldete Turmspitze, kommen wir zu Isaakskathedrale, der prächtigsten Kirche von St.Petersburg und eine der größten der Welt. Nina erklärt uns im Inneren die Konstruktion, mit der die jeweils 114 Tonnen schweren 48 Monolithsäulen aus polierten rotem finnischen Granit aufgestellt wurden. Dann zeigt sie uns Modelle der Kirchen. Die erste, dem Heiligen Isaak von Dalmatien, dessen Gedenktag mit dem Geburtstag Peters des Großen zusammenfiel, wurde 1768 durch einen neuen Kirchenbau ersetzt, der aber bald wieder abgerissen wurde, da er nicht imposant genug erschien. Nach dem Sieg über Napoleon entschied Zar Alexander I. 1818 den Entwurf des französischen Baumeisters Auguste Ricard de Montferrand zu verwirklichen. 24.000 Pfähle aus Kiefernholz waren nötig, um den Boden zu befestigen. 10.000 Leibeigene arbeiteten Tag und Nacht und so konnte 1848 die Kathedrale eingeweiht werden. Die Innenausstattung dauerte nochmals 10 Jahre. Der 4000 m² große Innenraum bietet 14.000 Menschen Platz. Die Wände sind mit unterschiedlichen Marmorarten, Edelsteinen, über 200 Mosaiken und Gemälden geschmückt. Da die Sonne scheint, steigen wir zur Kuppel, um den Ausblick auf die Innenstadt zu genießen. Am Weg zur Eremitage sehen wir am Isaak-Platz die Reiterstatue Zar Nikolaus I. , wir kommen am Dostojewskij-Museum vorbei, wo er zuletzt wohnte, wir streifen das Mariinskij-Theater und auch den Neubau des 2013 eröffneten Mariinskij II und gehen in die Nikolaus-Marine-Kathedrale. Die von einem Schüler Rastrellis 1753-62 in blau-weiß errichtete Kirche mit fünf vergoldeten Kuppeln, mit einem entfernt stehenden Glockenturm, hat eine lichtdurchflutete Oberkirche, die geschlossen war und eine heimelig stimmungsvolle Unterkirche in Grün und Gold mit kostbaren Ikonen. Dort fanden auch in der Sowjetzeit Gottesdienste statt. In diesem stimmungsvollen Kirchenraum fühlte ich mich so wohl, wäre gerne noch länger geblieben, um zu beten. Dann fahren wir zum Schlossplatz, (durch einen Wasserrohrbruch war ein Teil eingebrochen) und stehen auf einer der großartigsten Plätze der Welt, eingerahmt vom grün-weißen Winterpalais von Bartolomeo Francesco Rastrelli, dem Generalstabsgebäude von Carlo Rossi ( 1775-1849) mit dem Triumphbogen zur Erinnerung an den Sieg über Napoleon , der Admiralität, und der in der Mitte stehenden 650 t schweren Alexandersäule, auf deren Spitze ein Engel steht, der die Züge Zar Alexander I. trägt. Nun führt uns Nina in die Eremitage. Kurze Mittagspause mit Imbiss im Museumscafé. Über die Gesandtentreppe gelangen wir in die Prunkräume: Wappensaal, Galerie mit Porträts der Generäle, die am Krieg gegen Napoleon teilgenommen haben, sowie von den drei verbündeten Monarchen: Alexander I. von Russland, Franz I. von Österreich, und Friedrich Wilhelm III. von Preußen; großer Thronsaal, Goldener Saal, Ballsaal, Malachitsaal, weißes Esszimmer. Von dort durchschreiten wir die berühmte Gemäldesammlung (15.000 Bilder). Nach der Oktoberrevolution 1917 wurden zahlreiche Privatsammlungen enteigneter russischer Adeliger in die Eremitage überführt. Leonardo, Raffael, Tizian, Veronese, El Greco, Goya, Lucas Cranach, Rubens, Rembrandt, und und und. Besonders in Erinnerung geblieben sind mir die „Madonna Litta“ von Leonardo, und die „Rückkehr des verlorenen Sohnes“ von Rembrandt. Zuletzt gehen wir durch die Galerie des 19.und 20. Jahrhunderts, sehen Werke von Picasso, Kandinsky, Matisse, Gauguin, Monet, Manet, Renoir, van Gogh, Cézanne, etc. Wir schließen den Tag mit einer griechisch-orthodoxen Messe in der Kasaner Kathedrale, dem Abendessen in einem Terrassenrestaurant, und dem Spaziergang über den Newski Prospekt.
Samstag 27.September 2014: Wir fahren in das 28km entfernte Zarendorf „Zarskoje Selo“ . 1837 erste Eisenbahnverbindung von Petersburg nach Zarskoje Selo. Aus Anlass des 100.Todestages 1937 von Alexander Puschkin, wurde das inzwischen auf 80.000 Einwohner gewachsene Dorf Stadt „Puschkin“ genannt. Auf dem Weg dorthin sehen wir Monumente von der deutschen Belagerung und fahren durch elegante Parkanlagen, einem Erholungsgebiet für die Petersburger mit eleganten Häusern der reichen Bürger. Schließlich gehen wir zum Katharinenpalast. 1717 ließ Katharina I., Gattin Peter des Großen, einen kleinen Palast mit 16 Zimmern bauen. Nach ihrem Tod erbte ihre Tochter, Zarin Elisabeth den Besitz und ließ das Gebäude unter anderen von Rastrelli 1752-1756 vergrößern. Er stockte den Palast auf und verlängerte die in Blau und Weiß gehaltene Fassade von der vergoldeten fünfkuppeligen Kirche auf über mehr als 300 Meter. Ich staunte über diese Gigantomanie. Durch das Weiße Vestibül gelangen wir in die Prunkräume und Privatgemächer der Zaren. Der Große Saal von Rastrelli wird bei Empfängen von 700 Kerzen erhellt, zwischen den Fenstern sind Spiegel angebracht, und das Deckengemälde „Russlands Triumpf“ täuscht eine außerordentliche Höhe vor. Weiter geht es durch den Bankettsaal, Staatsspeisesaal zum Bernsteinzimmer. 1701 erteilte Friedrich I. von Preußen dem Berliner Baumeister Andreas Schlüter den Auftrag für eine Wandverkleidung aus Bernstein für einen Raum im Schloss Charlottenburg. Nach dem Tod Friedrich I. verschenkte sein Sohn der „Soldatenkönig“ 1716 das Bernsteinzimmer dem Zaren Peter den Großen und erhielt als Gegengeschenk großgewachsene Soldaten. 1770 ließ Zarin Elisabeth das Bernsteinzimmer von Rastrelli in den Katharinenpalast einbauen, der Spiegelpilaster und vergoldete Schnitzereien einfügte. 1941 ruinieren Deutsche Truppen den Palast und Garten, nur das Bernsteinzimmer wurde 1942 ins Schloss Königsberg gebracht und ist seit 1945 verschollen. 1976 begann die Rekonstruktion des Zimmers nach Vorlagen alter Fotos. Der Bernstein wurde in Platten geschnitten und auf Eichenholzbretter geklebt. Rund eine halbe Million Plättchen wurden für das Zimmer benötigt. In Anwesenheit von Putin und Schröder wurde 2003 das Bernsteinzimmer mit einem Festbankett eröffnet. Der Raum ist in seiner einmaligen Farbigkeit wirklich schön und die Leistung der gelungenen Rekonstruktion beeindruckte mich sehr. Dann sehen wir noch verschiedene klassizistisch eingerichtete Räume mit Portraits. Kurze Stärkung in der Cafeteria und bei strahlendem Sonnenschein machen wir einen kleinen Spaziergang in den riesengroß angelegten Landschaftspark. Wir schauen auf den vom Schotten Charles Cameron erbauten Badekomplex im römischen Thermenstil, gehen zum See mit Blick auf eine Pyramide, betreten die Grotte mit einer Porzellanausstellung und erleben den Genuss russischer Stimmen im „Oberen Bad“.
Dann fahren wir zur Keimzelle von Sankt Petersburg, der 1703 auf einer kleinen Insel im Newa-Delta erbauten Peter-Paul-Festung. In der Mitte steht die Peter-Paul-Kathedrale, Begräbniskirche der Zaren, die vom Schweizer Architekten Domenico Trezzini zwischen 1712-1733 errichtet wurde. Bemerkenswert ist der hohe Glockenturm mit der vergoldeten Turmspitze, gekrönt von einem Engel, der ein 7m hohes Kreuz trägt und damit zu den Wahrzeichen Petersburgs gehört. Wir gehen in die Kirche und Nina zeigt uns die Zarengräber, die Kanzel, von der die Exkommunikation von Tolstoj 1902 nach dem Erscheinen seines Romans „Auferstehung“ verkündet wurde, und die vergoldete Ikonostas, die einem Triumphtor gleicht.
Die Romanows (ab Peter III: Romanow-Holstein-Gottorf)
Peter der Große – geb.1672 Zar von 1682-1725, (über 2m groß, 1697 Reisen nach Westeuropa, im niederländischen Zaanstad studierte er den Schiffsbau, Oper Zar und Zimmermann, 1703 Gründung Sankt Petersburg, Förderung der Industrie und der Wissenschaften, Konflikt mit seinem Sohn Alexei aus 1.Ehe, dieser stirbt an den Folgen der Folter 1718)
2. Gattin Peter des Großen, Katharina I. geb.1684, als Witwe Regentin von 1725-1727, (aus einfachen Verhältnissen, von 12 Kindern überlebten nur die Mädchen Anna und Elisabeth, stirbt an Trunksucht)
Peter II. geb. 1715, Zar 1727-1730 (Enkel Peter des Großen, seine Mutter stirbt bei seiner Geburt, sein Vater Zarewitsch Alexei 1718 im Gefängnis, bestieg mit 12 Jahren den Thron, verlegte den Hof nach Moskau und starb 1730 an Pocken)
Anna geb. 1693, Zarin von 1730-1740 (Tochter von Ivan V. einem Bruder Peter des Großen, sie liebte den Luxus und veränderte Petersburg durch ihre Stadtplanung, „dunkle Epoche“ ließ 12.000 Verschwörer hinrichten und 20.000 nach Sibirien verbannen, bestimmte den Enkel ihrer Schwester zum Nachfolger)
Iwan VI. 1740-1741 im Alter von 2 Monaten am 17.10.1940 zum Zaren inthronisiert und am 25.11.1741 durch Elisabeth, der Tochter von Peter dem Großen, entthront, verbrachte 23 Jahre in Gefangenschaft, wurde 1764 im Auftrag von Katharina der Großen ermordet
Elisabeth geb. 1709, 21 Jahre Zarin von 1741- 1762 (Tochter von Peter dem Großen und seiner 2.Gatin Katharina I., außergewöhnliche Schönheit, blieb unverheiratet, Liebesverhältnis Alexei Rasumowski, kinderlos, ernannte 1742 den Sohn ihrer Schwester Anna zum Thronfolger, verschwenderisch !!, Prunkbauten, barocke Schlossanalagen, erstes russisches Nationaltheater, Akademie der Künste)
Peter III. geb. 1728 ermordet 1762 – Sohn von Herzog Karl Friedrich von Schleswig-Holstein-Gottorf und dessen Gattin Anna, Tochter von Peter dem Großen, die 3 Monate nach der Geburt stirbt. Heiratet 1745 Prinzessin Sophie von Anhalt-Zerbst, spätere Zarin Katharina II. Folgt seiner Tante als Zar von Januar bis Juli 1762. Da er die Scheidung und Verstoßung seiner Gattin Katharina vorbereitete, nahmen der Geliebte seiner Gattin, Grigori Orlow und sein Bruder Alexei, Peter gefangen und zwangen ihn zur Unterzeichnung der Thronentsagungsakte. Peter stirbt unter ungeklärten Umständen. Neue Forschungen rehabilitieren das Bild Peter III als debilen Kindskopf, denn er war ein aufgeklärter Reformer, in 186 Tagen 200 Gesetze zum Teil in Kraft gesetzt (Religionsfreiheit, Bildungspflicht, Bauernbefreiung, Abschaffung der Salzsteuer, etc)
Gattin Katharina II. die Große geb. 1729 regierte 34 Jahre als Zarin von 1762-1796, Repräsentantin des aufgeklärten Absolutismus, lebensfroh und sehr intelligent, belesen, korrespondierte mit Voltaire und Denis Diderot. 1754 Geburt Sohn Paul, 1762 Sohn Alexis (aus der Verbindung mit Grigori Orlow). Sonderfriede mit Preußen, holt tausende deutsche Bauern zur Ansiedlung „Wolgadeutsche“, Gouvernementsreformen, Gründung von Staatsschulen auch für Bauernkinder. Viele Liebhaber darunter Graf Saltykow, (vielleicht Vater von Paul?), Stanislaus Poniatowski (wurde durch Katharina König von Polen), Graf Grigori Orlow (schenkte Katharina den berühmten Orlow-Diamanten, der im Zepter eingesetzt wurde, Vater von Sohn Alexis), Fürst Potjomkin (steile Karriere, gilt als ihre große Liebe), Fürst Platon Subow (letzter Liebhaber, 27 Jahre jünger).
Paul I. geb. 1754 Zar 1796-1801 wurde erdrosselt (Sohn von Peter III. und Katharina II., aus Hass auf seine ihn zeitlebens demütigende Mutter, verfügte er in allen Dingen das Gegenteil von ihren Anordnungen und schloss an die Pläne seines Vaters an: Amnestie politisch Gefangener, Abschaffung Wehrpflicht, Erleichterung Pflichtarbeit der Leibeigenen. Reiterstandbild für Peter den Großen mit Inschrift „Dem Urgroßvater vom Urenkel“. Attentat auf Paul von Verschwörern aus Kreisen des Adels. 1776 Eheschließung mit Prinzessin Sophie von Württemberg, 10 Kinder, davon die späteren Zaren Alexander I. und Nikolaus I.)
Alexander I. geb. 1777 Zar 1801-1825, Großfürst von Finnland, Krieg gegen Napoleon, Wiener Kongress, ab 1815 König von Polen. War weich, sentimental und idealistisch, wurde vom Vater Paul gedemütigt, stand lebenslang unter dem Einfluss seiner Mutter. Ordnete das Finanzwesen, Milderung der Leibeigenschaft, Förderer der Bildung. Unter seiner Regentschaft wuchs die Macht Russlands. Hatte keine legitimen Söhne, aber zahlreich uneheliche Kinder.
Nikolaus I. geb. 1796, Zar von 1825-1855- Bruder von Alexander I., bis 1830 letzter gekrönter König von Polen, Dekabristenaufstand: im Dezember 1825 verweigern adelige, westlich gebildete Offiziere des Garderegiments den Eid auf den neuen Zaren Nikolaus I. Damit bekunden sie ihren Protest gegen das autokratische Zarenregime, gegen Leibeigenschaft, Polizeiwillkür und Zensur. Die Anführer wurden gehängt, einige degradiert und 600 zur Zwangsarbeit nach Sibirien verbannt. Ehe mit Charlotte von Preußen, 7 Kinder, darunter Zar Alexander II.
Alexander II. geb.1818, Zar von 1855-1881 starb durch Attentat, (Aufhebung der Leibeigenschaft daher Beiname „Zar-Befreier“, war friedlich, weise, wohlwollend, aber auch arrogant, wankelmütig und bis zur Rachsucht nachtragend. Übernahm autokratische Herrschaftsauffassung von seinem Vater. 1881 Bündnis mit Wilhelm I und Franz Joseph „Dreikaiserbündnis“, Ehe mit Prinzessin von Hessen-Darmstadt, 8 Kinder und mit seiner geliebten Jekaterina 5 Kinder. An der Stelle des Attentats ließ sein Sohn Zar Alexander III. die Auferstehungskirche bauen.)
Alexander III. geboren 1845, Zar von 1881-1894 (einfaches, grobes Wesen, zuweilen schroff, mit großem robusten Körperbau und physischer Stärke. Wegen der Ermordung seines Vaters: Geheimpolizei, Politik der Russifizierung, gegen westeuropäischen Liberalismus, Problem der Überfremdung besonders in Hinblick auf Deutschland, Bruch mit Deutschland, Bündnis mit Frankreich, größte Leistung Grundsteinlegung der Transsibirischen Eisenbahn. Glückliche Ehe mit Dagmar von Dänemark, 6 Kinder, darunter Zar Nikolaus.)
Nikolaus II. geb. 1868, Zar 1894 bis Abdankung 15.März 1917, Ermordung 17.Juli 1918, letzter Zar Russlands (Durch seine autokratische Politik und fehlende Reformbereitschaft, beschleunigte er den Zusammenbruch der russischen Monarchie. Hatte keinen politischen Weitblick. Nach der vernichtenden Niederlage im russisch-japanischen Krieg 1904/1905, breitete sich eine Demonstrationswelle aus, die durch ein Blutbad „Petersburger Blutsonntag“ sich zu einer Revolution ausweitete. Unter Druck geraten, antwortete Nikolaus mit dem „Oktobermanifest“. Durch Zugeständnisse blieb er am Thron. 1894 Heirat mit Prinzessin Alix von Hessen-Darmstadt, einer Enkelin von Queen Victoria. 5 Kinder: Olga,Tatjana, Maria, Anastasia und der Zarewitsch Alexei, der von seiner Mutter die Bluterkrankheit, Hämophilie, erbte. Die Ärzte konnten das Bluten nach einem Sturz des Dreijährigen nicht stillen und gaben auf. Seine Mutter ließ den Wunderheiler Grigori Rasputin kommen, einen wild aussehenden Bauern, der die Blutungen des Zarewitsch durch Gebete tatsächlich stillen konnte. Von da an wird Rasputin für seine Heilkraft gebraucht und später hatte er auch politischen Einfluss. Im 1.Weltkrieg zeigte sich, dass Russland mit seiner gering entwickelten Industrie der deutschen Militärmacht nicht gewachsen war. Rasputin wurde zum Sündenbock für die katastrophale Lage und deshalb am 17.Dezember 1916 von Fürst Felix Jussupow und fünf Verschwörern ermordet. Massenproteste führten dazu, dass Zar Nikolaus am 15.März 1917 abdanken musste und die ganze Familie im Alexanderpalast unter Hausarrest gestellt wurde. Nach dem Sieg der Bolschewiki in der Oktoberrevolution 1917, wurden sie als Gefangene nach Jekaterinburg im Ural gebracht und am 17.Juli 1918 mit Zustimmung Lenins erschossen. Die Gebeine wurden 1979 entdeckt, 1991 identifiziert und 1998 in der Peter-und Paul-Kathedrale beigesetzt. Am 20. August 2000 wurde Nikolaus und seine Familie heiliggesprochen.)
Derzeitiges Oberhaupt der russischen Zarenfamilie ist Marija Wladimirowna Romanowna, geboren 23.Dezember 1953 in Madrid und dort auch wohnhaft. Sie erhebt den Anspruch auf den Titel „Ihre Kaiserliche Hoheit Großfürstin“.
Nachdem die Monarchie Anfang 1917 gestürzt worden war, erhielt die Sozialistische Arbeiterpartei (Bolschewiki) in der Oktoberrevolution unter Lenins Führung die Macht, die neue Sowjetregierung übersiedelt im März 1918 nach Moskau, Petersburg verliert an Bedeutung.
Wir machen noch eine kleine Runde durch die Festungsanlage, sehen das umstrittene Denkmal Peter des Großen von Michail Schemjakin aus 1972, —vom Newa-Tor genießen wir den Ausblick auf den Winterpalast—, an der Innenwand sind die Hochwasserstände markiert,— und schlussendlich gehen wir in das Museum in der Trubezkoj-Bastion, in dem ehemalige Gefängniszellen besichtigt werden können.
Am Abend fahren wir alle mit dem Bus ins Eremitage Theater und sehen das Ballett „Dornröschen“, mäßige Aufführung, nur für Touristen. Nina hat uns ein nettes Kellerlokal an der Mojka empfohlen, dort essen wir gut und sitzen gemütlich.
Sonntag 28.September 2014: Zeitig am Morgen zaubert Barbara eine Sachertorte auf den Frühstückstisch, denn Richard hat Geburtstag und wir gratulieren herzlichst. Nina bringt uns zum Flughafen, zu Mittag sonne ich mich schon zu Hause auf meinem Balkon und denke an Sankt Petersburg, denn schön war es.

Details

Beginn:
25. September 2014, 16:00
Ende:
28. September 2014, 20:00
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