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IN UNSEREN „…HEIL’GEN MAUERN…“

23. Oktober 2012

Der Abend des 23. Oktobers schien ein Abend zu sein, den sich viele Altkalksburgerinnen und Altkalksburger im Terminkalender vermerkt haben. Denn just an diesem Abend waren die Räumlichkeiten der Vereinigung besonders gut gefüllt. Aber es war alles andere als verwunderlich, schließlich war mit Dr. Michael Kraus (MJ65) ein besonderer Gast der Einladung des Clubs gefolgt. Der Anlass seines Besuchs war ein Vortrag über ein ebenso faszinierendes wie geheimnisvolles Thema: Die Freimaurer und insbesondere deren Situation in Österreich. Wer wäre wohl dafür besser geeignet als Dr. Kraus, welcher seit mehr als 30 Jahren aktives Mitglied der Organisation ist und davon 6 Jahre lang das höchste Amt, das eines Großmeisters, bekleidete.

Auf die allgemeine Frage, ob es sich bei den Freimaurern – ein Begriff, der auf das Spätmittelalter und Frühe Neuzeit zurückgeht und ursprünglich Steinbildhauer bezeichnete (engl. "freemasons") – um einen Geheimbund handelt, meinte der Vortragende, sie seien es insofern, als, dem "Grundsatz der Verschwiegenheit" folgend, kein Mitglied ein anderes zu dessen Lebzeiten der Öffentlichkeit als solches deklarieren darf. Als Anschauungsbeispiel bemerkte er, im Kreise der Anwesenden einige "Kollegen" erkennen zu können, ohne verständlicherweise deren Identität offenzulegen. Die Organisation ist juristisch gesehen ein Verein. Als solcher sind seine Statuten sowie die führenden Mitglieder, darunter der bereits erwähnte Großmeister und die direkt unter ihm Stehenden, der Öffentlichkeit bekannt. Die übrigen und damit die Mehrheit der Mitglieder bleibt anonym. Der Bund tritt heutzutage auch nicht als geschlossene Einheit nach außen auf, sondern jeder hat sich auf seine Weise unabhängig in der Gesellschaft zu engagieren. So beteiligte sich die Freimaurerei zwar als gesellschaftspolitischer Akteur, mitunter erfolgreich, an der Entwicklung der Weltpolitik, beispielsweise bei der Entstehung der US-amerikanischen Verfassung, im Verlauf der Französischen Revolution von 1789, im Rahmen des Unabhängigkeitskriegs in Lateinamerika unter Simón Bolívar (1783-1830), welcher selbst ein Freimaurer war, oder beim "Zug der Tausend" von Giuseppe Garibaldi (1807-1882), einem weiteren Mitglied des Bundes. Diese Teilnahme am politischen Geschehen konnte jedoch zu Konflikten mit weltlicher oder geistlicher Obrigkeit führen und infolgedessen Verfolgungen und Verbote, wie jene in Österreich in den Jahren 1742 und 1795, nach sich ziehen. Diese Gründe lassen die heutigen Mitglieder einen möglichst wenig direkten Einfluss auf die Gesellschaft erwägen.

Der Frage nach Struktur und Organisation der Freimaurer ging Dr. Kraus zunächst mit einigen statistischen Angaben auf den Grund: Auf der ganzen Welt gibt es an die 4 Millionen Mitglieder, davon in Österreich ungefähr 4.000. Diese verteilen sich auf über 70 österreichische Logen, welche in der einzigen, von den "Stammvätern" aus England offiziell anerkannten Großloge, der "Großloge der alten freien und angenommenen Maurer von Österreich", wie unter einem Dachverband vereint sind.

Neben dem Großmeister, so erklärte der Vortragende, gibt es verschiedene Stufen in der Freimaurerhierarchie, sog. "Grade", darunter etwa den eines Lehrlings, eines Gesellen und Meisters. Wie jede Organisation ist auch die Freimaurerei auf periodischen Zulauf angewiesen. Dabei geht die "Nachwuchsarbeit" regional unterschiedlich vonstatten: Während in den USA das Hineinwachsen in eine traditionelle Familie eine Aufnahme begünstigt, funktioniert es in Österreich auf dem Weg der persönlichen Werbung. Die Initiative ist zumeist seitens der Freimaurer zu suchen; dabei geht es um die Aufnahme in eine bestimmte Loge.

Nach dem Gastvortragenden bestehen in einigen Ländern Tendenzen, mithilfe modernen Kommunikationsmedien nach Interessierten zu suchen (so z.B. in Deutschland, wo die Suche per Ausschreibung erfolgte). Diesen Weg geht man nach Aussage von Dr. Kraus in Österreich nicht. Hier ist man um Integrität der Personen bemüht. Deshalb haben unsere Logen auch keine Internetpräsenz. Das Aufnahmeverfahren selbst dauert 1-2 Jahre und stellt einen gedulderprobenden Prozess dar. Eine wichtige Stellung nimmt dabei der Großmeister ein, welchem ein Vetorecht gegen die Aufnahme eines neuen Mitglieds zusteht. Aber auch jedes andere Logenmitglied hat dabei ein Mitspracherecht. Dies geschieht durch die sogenannte "Kugelung", eine geheime Abstimmung unter Verwendung weißer und schwarzer Kugeln. 3 schwarze Kugeln genügen, um eine Ablehnung zu erwirken. Dem Abgewiesenen steht dann nur mehr die Möglichkeit offen, um die Aufnahme in eine andere Loge anzusuchen.

Anerkannt sind, laut Dr. Kraus, nur diejenigen Logen, welche sich an die sog. "Alten Pflichten" (engl. "Old Charges") halten, eine Zusammenfassung von Regeln für die Mitglieder der Gemeinschaft. Diese wurden im Jahr 1723 von der "Vereinigten Großloge von England", der erst 1717 in London entstandenen ersten Freimaurerloge der Welt, offiziell angenommen und bilden das Grundgerüst der Freimaurerei. Neben der erwähnten Verschwiegenheitspflicht sind die Mitglieder dazu angehalten, Toleranz gegenüber anderen Menschen und deren persönlichen Vorstellungen entgegenzubringen. Bei den Versammlungen stehen Analysen und Diskussionen breiter gesellschaftlicher Entwicklungen und Probleme auf der Tagesordnung. Damit sich die eigenen Ansichten eines jeden Mitglieds dabei nicht als hinderlich erweisen, wird vom ein zelnen erwartet, sie draußen zu lassen. Dadurch soll die Voraussetzung geschaffen werden, sich besser auf Augenhöhe als "Brüder" zu begegnen. Denn Brüderlichkeit gehört neben Freiheit, Gleichheit, Toleranz und Humanität zu den 5 Grundidealen der Freimaurerei.
Die Verwendung des Wortes "Brüder" scheint eine ausschließende Wirkung des weiblichen Geschlechts zu implizieren. Diese Annahme räumte der Vortragende mit dem Hinweis aus dem Weg, dass es auch Frauen- und sogar gemischte Logen gibt, die nicht erst eine Erfindung der neueren Zeit darstellen.
Was das Verhältnis des Bundes zur Religion bzw. Religiosität anbelangt, so meinte Dr. Kraus, dass diese nicht abgelehnt, sondern im Gegenteil von den Freimaurern insofern bejaht wird, als ihnen der Glaube an ein "übergeordnetes Wesen" gemein ist. Die Vorstellung von einem eigenen freimaurerischen Kult lehnte der ehemalige Großmeister ab, obgleich er einigen Praktiken eine gewisse rituelle Symbolik und einen Hauch von Mystik zugestand. Hier ist zu erwähnen, dass sowohl die Islamische Weltliga in einer Aufforderung von 1974 (im Osmanischen Reich gab es seit dem 18. Jhdt. Freimaurerlogen, denen zunächst Außenstehende, schließlich aber auch Einheimische angehörten. Auch andere islamische Länder besaßen bzw. besitzen Logen.) als auch die Katholische Kirche in einer Deklaration von 1983 die Zugehörigkeit zur Freimaurerei als mit ihren religiösen Grundsätzen unvereinbar betrachten. Damit war der eigentliche, meiner Meinung nach sehr gut vorbereitete und strukturierte informative Vortrag auch ans Ende gelangt. Eine Fragerunde war anschließend die Folge, welcher sich Dr. Kraus gern stellte und einige Details näher beleuchten sowie Unklarheiten bereinigen konnte. Als gleichsam eine "Werbung für die eigene Sache" wurde ein von ihm herausgegebenes Buch, "Die Freimaurer" (Ecowin Verlag, Salzburg 2011), zum Kauf angeboten. Die Möglichkeit, sich ein Exemplar vom Herausgeber signieren zu lassen, ließen sich viele Interessierte nicht entgehen. Damit fand der Abend auch seinen offiziellen Ausklang.
Eine letzte Anmerkung noch: Dass die Freimaurerei in Österreich nicht nur ein gedankliches, ideelles Modell verkörpert, sondern auch substanziell in der österreichischen geographischen Landschaft vorhanden ist, beweisen mehrere freimaurerische Institutionen bzw. Bauten, darunter das Österreichische Freimaurer-Museum auf dem Schloss Rosenau bei Zwettl (NÖ) und nicht zu vergessen das im laufenden Jahr als Freimaurererrichtung (wieder-)entdeckte und präsentierte, sog. "Kiosk" genannte architektonische Bauwerk auf dem Gelände des Kollegium Kalksburg.
 

Dmitriy Bosenko (MJ07)

Details

Datum:
23. Oktober 2012
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