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Privatstiftung im Wandel

10. Juni 2010

Christoph Kraus ist Generalsekretär des Stiftungsverbandes, einer Interessenvertretung der Stiftungen. Er berichtete uns aus seiner langjährigen Erfahrung im Umgang mit Stiftungen. Seit Schaffung des Privatstiftungsgesetzes im Jahr 1993 wurden in Österreich mehr als 3300 Stiftungen gegründet, monatlich kommen trotz Angriffen seitens der SPÖ immer noch 4-6 dazu. Die Stiftung ist ein verselbständigtes Vermögen, welches nach dem Willen des Stifters verwaltet wird und nach dessen Willen Zuwendungen an Begünstigte tätigt. Der weitaus größte Teil der Stiftungen ist im privaten Interesse errichtet. Etwa 160 sind gemeinnützig, dann gibt es noch 25 Sparkassenstiftungen und 5 Arbeitnehmerstiftungen. Letztere halten Beteiligungen an Unternehmen, begünstigt sind die Arbeitnehmer dieser Unternehmen, diese erhalten Zuwendungen aus Gewinnausschüttungen des arbeitgebenden Unternehmens an die Stiftung. über das in den Stiftungen gebundene Vermögen gibt es Schätzungen auf Basis von Befragungen. Die Gesamthöhe wird auf 60 Mrd € geschätzt, davon etwa 2/3 Beteiligungen an Unternehmen, der Rest sind Immobilien, Wertpapiere und Einlagen. Ziel des Privatstiftungsgesetzes war und ist es, einerseits Vermögen aus dem Ausland ins Inland zu bringen, indem attraktive privatrechtliche und steuerrechtliche Rahmenbedingungen geschaffen wurden, andererseits den Bestand von Unternehmen abzusichern. Nicht zu vergessen ist, dass dieses Gesetz unter einem sozialdemokratischen Finanzminister (Lacina) und einem ÖVP-Staatssekretär (Ditz) geschaffen wurde. Kaum war der Erfolg dieses Gesetzes sichtbar, begann allerdings seitens der SPÖ die Kritik an den Steuerprivilegien der Stiftungen. Diese waren und sind damit dadurch begründet, Stiftungen ähnlich wie Privatpersonen zu besteuern und nicht wie Kapitalgesellschaften zu behandeln. Zum Beispiel sollten durch die Stiftung geleitete Kapitalerträge im Endergebnis genauso besteuert werden wie bei einem Privaten. Einige Begünstigungen wurden scheibchenweise zurückgenommen, seit dem Jahr 1993 gab es für die Stiftungen 14 (!) Steueränderungen. Die noch verbleibenden Begünstigungen muß man auch im Zusammenhang mit der in Österreich mittlerweile ausgelaufenen Erbschafts- und Schenkungssteuer sehen. Den verbleibenden Vorteilen durch eine Zwischensteuer von 12,5 %, soweit bestimmte Erträge noch nicht ausgeschüttet werden und der Möglichkeit, bei Beteiligungsverkäufen eine Besteuerung zu vermeiden, sofern neue Beteiligungen angeschafft werden, stehen aber auch Nachteile gegenüber. Die Gründung der Stiftung kostet 2,5 % Eingangssteuer, bei Stiftungsauflosung fällt auch für das in der Vergangenheit eingebrachte Kapital die 25%ige Kapitalertragsteuer an (was einen Mausefallenffekt bewirkt) und bestimmte Kapitalerträge sind bei Zuwendungen steuerpflichtig, die bei Privaten völlig steuerfrei wären.) Wenn nun die SPÖ die Steuerbegünstigungen weiter zurücknehmen oder ganz beseitigen will, kann das nur Hand in Hand mit der Beseitigung von Nachteilen erfolgen. Aufgrund von Aufklärungsarbeit durch den Stiftungsverband erkennt die SPÖ immerhin an, dass die Stiftungen auch sehr positive Wirkungen entfalten. Sie sind ein Instrument, um vor allem Betriebsvermögen zusammenzuhalten und vor Aufteilung im Erbgang zu schätzen, Familienstreitigkeiten können durch Stiftungen von den Unternehmen abgeschirmt werden, der Ausverkauf ins Ausland oder die Übernahme durch ausländische Unternehmen wird verhindert u.v.m. Trotz aller positiven Wirkungen reitet die SPÖ auf den Steuerbegünstigungen herum und will von den Stiftungen einen Beitrag zur Budgetsanierung, obwohl die Stiftungen die Krise in keiner Weise verursacht haben, sondern eher Verlierer sind. Besonders schlimm ist, dass die SPÖ notwendige Änderungen des Privatstiftungsgesetzes in den Bereichen „Stiftungsbeirat“ und „Besetzung des Stiftungsvorstandes“ behindert, die durch wirtschaftsfremde Entscheidungen des OGH notwendig geworden sind.
In der an das Referat anschließenden Fragerunde wurde eine Reihe von Detailfragen aufgeworfen. Für Interessenten: eine Privatstiftung eignet sich wegen der damit verbundenen laufenden Kosten erst ab einer Größenordnung von etwa 30 bis 50 Mio €.
Wolfgang Seitz (MJ66)

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Datum:
10. Juni 2010
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