Interview mit Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger
Eine Zusammenfassung von Max Kindler (MJ 1996)
Unser Altkalksburger Präsident, Mag. Hans Hammerschmied, freute sich, in unseren – wie nicht anders zu erwarten – übervollen Clubräumlichkeiten, eine aktuell ganz besonders in der Öffentlichkeit stehende Persönlichkeit begrüßen zu dürfen. Andreas Linhart (MJ 1981), Chefredakteur von NEWS Leben, befragte den österreichischen Vizekanzler, Dr. Michael Spindelegger (ÖVP) in vier konzentrischen Themenkreisen.
Befragt zum aktuellen weltpolitischen Thema, dem Konfliktfeld Ukraine, und zu der angesichts bedrohlich anmutender nationalistischer Töne im russischen Parlament unausweichlichen Frage, ob Putin mit der Krim genug habe, vermittelt Dr. Spindelegger die auch auf diplomatischer Ebene durchklingende Botschaft, dass von weiteren Gebietsansprüchen Russlands Abstand genommen werden dürfte, eine Spaltung der Ukraine aber nach wie vor nicht ausgeschlossen werden könne. Jedenfalls zeigten die angedrohten internationalen Sanktionen infolge ihres potenziell unmittelbaren Hebels auf die russische Wirtschaftsentwicklung bereits entsprechende Wirkung. Für die Europäische Union sei diese Frage jedenfalls eine Chance, die Fähigkeit zu einem starken und geschlossenen Außenauftritt unter Beweis zu stellen und so die eigene Glaubwürdigkeit vertrauensbildend zu untermauern.
Angesichts der bevorstehenden EU-Wahl im Mai 2014 sei es in diesem Zusammenhang ganz besonders wichtig, verschiedene Bewusstseinsbildungsprojekte voran zu treiben und die evidenten Vorteile für jeden einzelnen EU-Bürger, wie etwa die Reise- oder Niederlassungsfreiheit nicht noch mehr in Vergessenheit geraten zu lassen. Den nachvollziehbaren Negativemotionen etwa in Zusammenhang mit einer spürbaren Überbürokratisierung, solle durch eine umfassende Revision des EU-Vertrages begegnet werden. In historischer Anspielung auf den Wiener Kongress 1814/1815 macht sich Dr. Spindelegger für einen diesbezüglichen „handfesten“ Wiener Konvent 2014/2015 stark.
In Zusammenhang mit dem österreichischen Dauerbrenner-Reizthema HYPO äußert Dr. Spindelegger die Begründung seiner Entscheidung, zum aktuellen Zeitpunkt der Aufarbeitung der gesamten Historie durch eine Untersuchungskommission den Vorzug gegenüber einer umfassenden Untersuchung durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss einzuräumen. Die Untersuchungskommission könne im Gegensatz zu einem Untersuchungsausschuss unbeeinflusst von parteipolitischen und medialen Partikularinteressen agieren, was angesichts der noch laufenden, intensiven rechtlichen Bemühungen zur Reduktion des Haftungsumfanges von immanenter Wichtigkeit sei.
Zu guter Letzt berichtet Dr. Spindelegger von konkreten Vorhaben zu seinen im Rahmen des Nationalratswahlkampfes wiederholt geäußerten Plänen, die österreichische Wirtschaft zu entfesseln. Dazu zählen eine Entschlackung des Einkommenssteuerrechts, radikale Vereinfachungen der Unternehmensführung oder eine teilweise Übertragung der Steuerhoheit an die Bundesländer.
Positiv ist zu vermerken, dass sich der Vizekanzler sehr viel Zeit nahm, um die zahlreichen Fragen der Altkalksburger zu beantworten und auch einigen Vieraugengesprächen nach dem Ende des offiziellen Teils sehr offen gegenüber stand.
Max Kindler (MJ 1996)